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Das Interview:

Warum wollen Sie Stadträtin von Sursee werden?

Studer: Bildung ist mein Berufsinhalt der letzten 27 Jahre und liegt mir ungemein am Herzen. Ich durfte das ganz konkret im Schulzimmer-Alltag erleben und spüren. Da ich auch als Schulleitern tätig war und Dozentin an der PH bin, darf und durfte ich die Schule auf total verschiedenen Ebenen gestalten. Warum also nicht auch auf einer politischen? Die Kinder haben es verdient, tolle Voraussetzungen für ihren Schulalltag zu haben. Das hat mich sehr motiviert, mich zu engagieren.

Schönberger: Ich bin seit 25 Jahren als Schulleitungsperson unterwegs. Unter anderem auch als Prorektorin der Kanti Sursee. Ich durfte in den vergangenen Jahren sehr viele Arbeiten im Bereich Schulentwicklung und Organisation machen. Der Wechsel auf die strategische Ebene im Stadtrat sagt mir als ehemalige Kantonsrätin zu. Als ich angefragt wurde, war für mich daher schnell klar, diese Führungsaufgabe interessiert mich.

Die Mitte stellt bereits zwei bisherige Stadträte, mit Sabine Beck auch die Stadtpräsidentin. Wie rechtfertigen Sie einen dritten Sitz?

Schönberger: Ich glaube, man schaut falsch auf die Situation. Momentan sind zwei FDP-, zwei Mitte- und eine SP-Vertretung im Stadtrat. Somit greifen nun die Grünen einen bürgerlichen Sitz an und nicht umgekehrt. Ich wurde angefragt, diesen bürgerlichen Sitz zu verteidigen, und das mache ich mit Überzeugung.

Aber rein von der Wählerstärke her steht der Mitte kein dritter Sitz zu. Bei den Kantonsratswahlen kam sie auf 22,7 Prozent. Danach folgen schon die Grünen.

Schönberger: Schlussendlich ist das eine Personenwahl. Wenn ich jemanden einstelle, schaue ich nicht auf das Parteibüchlein, sondern auf die Kompetenzen, die eine Person mitbringt.

Studer: Wenn man mit Zahlen argumentieren will, funktioniert deine Aussage nicht. Bei den vergangenen zwei Kantonsratswahlen 2019 und 2023 landete die grüne Partei jeweils hinter der Mitte und vor den Liberalen. Es ist spürbar, die Stadt Sursee wächst und wird urbaner. Dass wachsende Städte eher linker werden, ist natürlich. Ich glaube daher, es ist eine Frage der Zeit, bis Sursee bereit ist für einen zweiten linken Sitz. Aber anstatt der Zahlenklauberei wollen wir die Vielfalt der Meinungen ins Feld führen. Zu viele gleichdenkende Menschen bringen ein System weniger weit, als wenn man am Ringen und Diskutieren ist, um Lösungen zu finden.

Frau Studer, im Gegensatz zu Ihrer Konkurrentin können Sie keine politische Erfahrung vorweisen. Wie wollen Sie diesen Nachteil kompensieren?

Studer: Ich bin mir nicht sicher, ob dies zwingend eine Voraussetzung ist. Im aktuellen Stadtrat hatte vorher niemand diese politische Erfahrung, wie sie nun Esther mitbringt. Ich finde es speziell, dass mir dies nun vorgeworfen und zum Minuspunkt gemacht wird. Wer sich politische Leitfiguren bis auf Stufe Bundesrat anschaut, wird feststellen: die markantesten Personen, die bleiben, sind nicht Leute, die aus der Politik kommen. Wer seine Lebenshaltung einbringt, sich vernetzt, auf Menschen zugeht und sich offen zeigt, ist sehr wohl für dieses Amt befähigt.

Eine von Ihnen beiden wird das Amt von Heidi Schilliger (FDP) übernehmen. Esther Schönberger, was werden Sie anders machen?

Schönberger: Grundsätzlich ist die Kontinuität von dem, was angegangen wurde, wichtig. Ich sehe die Herausforderungen vor allem im Bereich Wachstum, das uns pro Jahr zwei Klassen mehr beschert. Wir müssen diese Schülerinnen und Schüler zeitgemäss unterbringen und sie integrieren. Das ist eine Herausforderung, die sich auch durch die vielen Kinder zeigt, welche sich verhaltensauffällig benehmen.

Bräuchte es dafür noch mehr Ressourcen?

Studer: Es braucht unbedingt genügend Ressourcen in diesem Bereich. Wenn es uns gelingt, diese Kinder – ich nenne sie verhaltenskreativ – erfolgreich zu integrieren, können wir Folgekosten sparen. Je mehr Kinder erfolgreich die Volksschule abschliessen und eine Berufslehre starten können, desto mehr entlastet dies den Staat. Das benötigt viel Lobbyarbeit, was wiederum der Part einer Bildungsvorsteherin ist.

Ein viel diskutiertes Thema rund um die Schule ist auch die Abschaffung der Noten. Wie stehen Sie dazu?

Studer: Die Wissenschaft macht eine klare Aussage: Noten suggerieren eine Scheingenauigkeit. Ich arbeite seit Jahren ohne Noten, das ist möglich. Und ich weiss, dass die Schulen in Sursee sich mit dem Thema beschäftigen. Das muss von den Lehrpersonen aber getragen werden. Ich als Stadträtin könnte das nicht verordnen.

Schönberger: Betriebe möchten, dass wir mehr über die Sozial- und Methodenkompetenz der Lernenden Auskunft geben. Sie wollen wissen, welche Aufgaben die Lernenden in grosser Selbstständigkeit bewältigen können. Das haben wir neu in beschreibender Art in die Zeugnisse integriert. Eine reine Zahl für die Beurteilung wird einer Person nicht gerecht. Es geht darum, wie sich der Lernfortschritt zeigt. Eine Art der Beurteilung gibt es aber am Schluss trotzdem.